Wider den Götzen Altersgrenze

Gesellschaft

Zur Debatte um die Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung

Von Friedhelm Wachs

 

Liebe Leserin, lieber Leser! „Meine Zeit steht in Gottes Händen. Er stellt meine Füße auf weiten Raum.“ Diese zwei Sätze aus Psalm 31 bilden eine klare Ausgangslage für uns Christen, mit dem Thema Renteneintrittsalter so umzugehen, wie es sich gebührt: entspannt. 

Was macht unser Leben eigentlich aus? Ist es aus biblischer Perspektive gerechtfertigt, uns in Lebensabschnitten zu definieren, oder ist es nicht eher unsere Aufgabe, ein Leben nach Gottes Willen nach unseren besten Kräften zu gestalten? Immer. Ganzheitlich. Jeden Tag. Welchen Wert hat dann diese Altersgrenze für mich eigentlich?

Es ist ein Götze
Nicht erst seit Norbert Blüms Spruch „Die Rente ist sicher“ tobt der Kampf um diese Grenze als ein Tanz ums goldene Kalb. Was bei der Einführung der Altersversorgung 1889 als Absicherung für den allerletzten Lebensabschnitt galt – und zwar für Menschen ab 70 Jahre –, ist über die Jahrzehnte zum Wohlstandsbestand- teil des Lebens geworden, mit dem man bereits bei Eintritt in das Arbeitsleben fest rechnet. Ein ganzes Leben lang mal lauter, mal leiser. Es ist ein Götze.

Wir verdrängen, dass man nicht in die Rente einzahlt, sondern einen Solidarbeitrag für die derzeit in Rente befindlichen zahlt. Wir verdrängen, dass unsere Lebenserwartung statistisch jedes Jahr um sechs Wochen steigt. Wir verdrängen, dass die Bevölkerung im Erwerbsalter bis 2050 um 20 % abnehmen wird, die Zahl der über 65-Jährigen aber um 50 % steigt. Wir verdrängen all die Fakten, die – auf einen Nenner gebracht – lauten: Man kann das Geld nur einmal ausgeben. Ist das gerecht? Ja, es ist Mathematik.

Renteneintrittsfenster statt Regelrentenalter

Wir erleben Menschen, für die diese Altersgrenze eine kommende materielle Not darstellt. Wir erleben Menschen, denen ihr Lebensinhalt wegfällt und die in eine tiefe psychische Krise stürzen. Wir erleben Menschen, die ihre Kräfte nun frei von Erwerbsarbeit im Ehrenamtlichen sinnstiftend einsetzen, und wir kennen Menschen, für die insbesondere der Anfang nach der Erwerbswelt das Recht auf puren Hedonismus darstellt. Allein wegen dieser Vielfalt bedarf es eines Renteneintrittsfensters statt des Regelrentenalters.

Die derzeitige Debatte wird um eine versicherungsmathematische Studie geführt, die für 2042 eine Anhebung des Rentenalters auf 68 Jahre für mathematisch geboten hält. Dann leben wir von heute aus gesehen weitere drei Jahre länger. Davon sei eines der Erwerbsarbeit zu widmen, so weit es gesundheitlich möglich ist. Gerne. Meine Zeit steht in Gottes Händen. Entspannen wir uns.