Man kennt das aus dem Wirtschaftsleben und dem Werkzeugkasten großer Industrieunternehmen: „Größer denken! Fusionen helfen, Handlungsfähigkeit zu sichern!“ Diese vermeintliche Logik hat auch in die Gemeinschaft der Evangelischen Kirche in Deutschland Einzug gehalten. Landeskirchen unter der Größe von 1 Million Mitglieder sind nicht mehr sinnvoll, so hört man. Was verspricht man sich? Synergieeffekte, Abbau von Doppelstrukturen und eine bessere Handlungsfähigkeit.
So denken und sprechen bestimmt sehr kluge Menschen, die von oben auf Landeskirchen, Kirchenkreise und Kirchengemeinden schauen. Dabei ist bekannt: Das Geheimnis einer prägenden Gemeinde und Kirche sind die Vertrautheit, überschaubare, beinahe familiäre Strukturen, in die die Getauften das eigene persönliche Engagement gut eintragen können.
Eine kleine Landeskirche wie die in Schaumburg-Lippe, die auch unter Mitgliederverlust leidet, denkt selbst regelmäßig über ihre Handlungsfähigkeit nach, ihre Möglichkeiten, Menschen besser zu binden als bisher. Die heute Verantwortlichen wollen diese Kirche nach besten Kräften bewahren, pflegen und weiterentwickeln. Die Landeskirche Schaumburg-
Lippe entwickelt ihre Bindekraft durch regelmäßige Kontakte in der Region. Sie zahlt im Übrigen ein in den Solidarfonds der EKD, sie nimmt nicht.
Handlungsempfehlungen aus dem Werkzeugkasten von Großindustrie und Banken können nicht der einzige Maßstab sein, an dem sich die Kirchen ausrichten. Die Menschen zu binden und zu gewinnen, Lust auf aktive Mitarbeit in der Kirche zu wecken und in den kirchlichen Berufsgruppen Personen zu finden, gerne und inspiriert mitzutun, daran wird sich die Zukunftsfrage der Landeskirche Schaumburg-Lippe innerhalb der EKD wohl eher ausrichten müssen.
(Der Autor, Karl-Hinrich Manzke (Bückeburg), ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe.)