Finger weg vom Sonntagsschutz! Christliche Wirtschaftsverbände gegen mehr verkaufsoffene Sonntage

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Verkaufsoffene Sonntage

Christliche Wirtschaftsverbände: Finger weg vom Sonntagsschutz!

Christliche Wirtschaftsverbände: Finger weg vom Sonntagsschutz! 

Würzburg/Karlsruhe (idea) – Finger weg vom Sonntagsschutz – das fordern christliche Wirtschaftsverbände. Anlass ist das Eintreten des Handelsverbandes Deutschland (Berlin) für eine „verlässliche Sonntagsöffnung“ von Geschäften. Dessen Präsident Josef Sanktjohanser schlägt dazu eine Grundgesetzänderung vor, um verkaufsoffene Sonntage zu erleichtern. Die derzeit gültigen Vorschriften stammten noch aus der Weimarer Republik und müssten den veränderten Zeiten angepasst werden, sagte er der Zeitung „Die Welt“. Die Regelungen ließen Klagen von Kirchen und Gewerkschaften zu, mit denen Städte seit Monaten überhäuft würden. Profiteur sei am Ende der Online-Handel. Zwischen 2010 und 2019 seien fast 40.000 Einzelhandelsgeschäfte verschwunden. Der Verband „Christen in der Wirtschaft“ (CiW) weist die Forderungen zurück. „Ein verbindlicher Ruhetag pro Woche tut allen Menschen gut – Mitarbeitern, Unternehmern, Familien und der gesamten Gesellschaft“, erklärte Generalsekretär Michael vom Ende am 31. Januar in Würzburg. Er räumte ein, dass der Einzelhandel durch das Internetgeschäft unter Druck stehe. Geschäfte müssten sich heute allerdings anders profilieren als durch Öffnungszeiten rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche. Bereits heute gebe es „eher zu viele als zu wenige“ Ausnahmen bei der Öffnung von Geschäften am Sonntag.

CiW: Gesellschaft darf sich nicht nur am Konsum ausrichten 

Zur Forderung des Handelsverbandes, dass die seit rund 100 Jahren geltenden Vorschriften modernen Bedürfnissen angepasst werden müssten, äußerte vom Ende: „Das Gebot ‚Du sollst nicht stehlen‘ ist sogar 3.000 Jahre alt – und niemand käme auf die Idee, es zu ‚modernisieren‘.“ Dies gelte genauso wie das Gebot ‚Du sollst den Feiertag heiligen‘. 

Wenn sich eine Gesellschaft nur noch auf Konsum ausrichte, vergesse sie, dass man die wichtigsten Dinge im Leben nicht kaufen könne: gemeinsame Zeit, Liebe und Zuwendung.

Der Verband „Christen in der Wirtschaft“ wurde 1902 gegründet. Die rund 800 Mitglieder treffen sich in 35 Regionalgruppen zu Gesprächsforen, Gruppen und Gebetskreisen.

AEU: Offene Geschäfte am Sonntag lösen Probleme des stationären Handels nicht 

Auch der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer (AEU) wendet sich gegen die Forderung des Handelsverbandes. Der Sonntagsschutz dürfe nicht angetastet werden. Er präge nach wie vor „unsere kulturelle Identität“, heißt es in einer Stellungnahme des AEU. Die Lockerung des Sonntagsschutzes wäre für die Lösung der vom Einzelhandelsverband benannten Probleme „weder geeignet noch verhältnismäßig“. So seien die Ursachen für das Ladensterben vielfältig und beruhten gerade im Mittelstand auf einer fehlenden Nachfolgeregelung. Der ständigen Erreichbarkeit des Online-Handels könnten Geschäfte vor Ort nicht durch längere Öffnungszeiten entgegentreten. Vielmehr bedürfe es eines „attraktiven Waren- und Beratungsangebots“. 

Auch die Feststellung des Handelsverbands-Präsidenten, dass an verkaufsoffenen Sonntagen Menschen in Massen in die Städte strömten, könne nicht überzeugen. Der mögliche Umsatz in Fußgängerzonen und Einkaufszentren in Großstädten fehle den kleinen und inhabergeführten Betrieben in der Umgebung, die sich nicht an einer Sonntagsöffnung beteiligen könnten oder wollten. Das bestärke „das unerwünschte Auseinanderdriften von Stadt und Land“. 

Der AEU ist ein Netzwerk protestantischer Unternehmer, Manager und Führungskräfte. Er versteht sich als Brücke zwischen Wirtschaft und Kirche. Als Vorsitzender amtiert der Ökonom Peter Barrenstein (München). Generalsekretär ist Stephan Klinghardt (Karlsruhe).

Sonntagsschutz nicht antasten! - Evangelische Unternehmer kritisieren Forderung nach Grundgesetzänderung

Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer kritisiert die vom Handelsverband Deutschland (HDE) erhobene Forderung nach einer Änderung des Grundgesetzes zur Lockerung des geltenden Sonntagsschutzes. Die vom HDE angestrebte "verläßliche Sonntagsöffnung" ist für die Lösung der vom Einzelhandelsverband benannten Probleme weder geeignet noch verhältnismäßig. 

Verbindlicher Sonntagsschutz ist auch heute relevant 

"Du sollst den Tag des Herrn heiligen" ist für Christen ein verbindliches Gebot. Seit Kaiser Konstantin der Große im Jahr 321 die Sonntagsruhe durch ein allgemeines staatliches Gesetz verordnet hat, prägt der verfassungsrechtlich geschützte Sonntag "als Tag der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung" unsere kulturelle Identität bis heute. Neben der Bedeutung für die gemeinsame Feier der Auferstehung Jesu Christi für Christen hat der Sonntag als "gemeinsame freie Zeit" auch eine wichtige soziale Funktion für das Zusammenleben von Familien und Gemeinschaften.

Sonntagsöffnung löst keine Probleme des Einzelhandels 

Die Forderung des Handelsverbands Deutschland nach einer "verläßlichen Sonntagsöffnung" ist nicht geeignet, die Probleme des Einzelhandels zu lösen: 

  • Die Ursachen für das Ladensterben sind vielfältig und beruhen gerade im Mittelstand häufig auf einer fehlenden Nachfolgeregelung. 
  • Die Verödung der Innenstädte ist schlußendlich die Konsequenz einer verfehlten Stadtplanung (Orientierung an einer autogerechten Stadt, Desintegration von Wohnen, Arbeiten, Konsum und Kultur). 
  • Der ständigen Erreichbarkeit des Online-Handels kann der stationäre Handel nicht durch längere Öffnungszeiten, sondern durch ein attraktives Waren - und Beratungsangebot entgegentreten. 
  • Auch die Feststellung, an verkaufsoffenen Sonntagen strömten "die Menschen in Massen in die Städte", vermag nicht zu überzeugen. Der (mögliche) Umsatz in Fußgängerzonen und Einkaufszentren in Großstädten fehlt den kleinen und inhabergeführten Betrieben an der Peripherie, die sich an einer Sonntagsöffnung nicht beteiligen wollen oder können, und bestärkt das unerwünschte Auseinanderdriften von Stadt und Land.

Über den AEU

Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer ist ein von ehrenamtlichem Engagement getragenes Netzwerk protestantischer Unternehmer, Manager und Führungskräfte. 

  • Wir rüsten uns geistig und geistlich zu, um uns in unserem Glauben zu vergewissern. 
  • Wir suchen ethische Orientierung und fachlichen Austausch, um uns in unserem unternehmerischen Entscheiden und Handeln zu bestärken. 
  • Wir beteiligen uns an der kirchlichen Meinungsbildung zu wirtschafts- und sozialethischen Fragen, um Kirche und Soziale Marktwirtschaft verantwortlich mitzugestalten